Aus der Presse


28.11.2006

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EIN 'STOLPERSTEIN' MITTEN AUF DER KREUZUNG
(von Renate Witteler)

Hermann Cohen, geboren am 5. Januar 1887 in Bocholt, gestorben am 27. April 1943 im Ghetto Theresienstadt: Das soll auf dem ersten “Stolperstein” stehen, den der Kölner Künstler Günter Demnig Anfang 2007 vor dem Haus Ludgerusstraße 4 in Bocholt legen soll. 

Der Jude Cohen war einst Schüler des St.-Georg-Gymnasiums. Und Schüler dieses Gymnasiums spenden nun auch die ersten drei Steine von jeweils rund 100 Euro.

Neben Cohen wollen die Pennäler auch an den Ex-Schüler Kurt Hochheimer und den Lehrer Leo Nußbaum erinnern. Schülervertreter Benedikt Methling sitzt auch im Koordinierungskreis, der sich um die Organisation und die Zustimmung der Hausbesitzer kümmert.

Steine vor dem Haus Osterstraße 52 sollen an Martha und Bertold Löwenstein erinnern. Löwenstein war Eigentümer des Manufakturwarenkaufhauses und ab 1939 Vorsitzender der Jüdischen Kultusvereinigung Synagogengemeinde Bocholt. Dem Ehepaar gelang es, seine drei Kinder nach England ausreisen zu lassen. Martha und Bertold Löwenstein wurden 1941 in das Ghetto Riga deportiert und dort Anfang Februar 1942 umgebracht.

Ein Stein vor dem Haus Bogenstraße 16 ist Henrike Diesfeld gewidmet. Sie wurde 1870 in Bocholt geboren und kam 1933 als “schwermütig” in die Provinzialheilanstalt Lippstadt-Eikelborn. 1943 wurde sie mit einem Euthanasie-Transport nach Hessen gebracht. Sie wurde 1944 in der Tötungsanstalt Hadamar umgebracht.

Einer der Stolpersteine muss mitten auf die Kreuzung am Ostertor gelegt werden, weil die Straßen vor der Zerstörung Bocholts im Zweiten Weltkrieg anders verliefen. An der Münsterstraße 4 hat früher das Haus von Josef Fehler gestanden. Der “Stolperstein” mit seinem Namen solle nun auf die linke Verkehrsinsel stadteinwärts gelegt werden, erklärte Reinhold Sprinz. Fehler, ein überzeugter Katholik, hatte stets Widerstand gegen die Nationalsozialisten geleistet und war nach Neuengamme deportiert worden. Er starb 1945 bei einem Bombenangriff auf einen Transport.

Steine vor dem Haus Feldstraße 29 werden an Oswald und Werner Ludwig erinnern. Oswald Ludwig hatte 1906 den sozialdemokratischen Wahlverein, den Vorläufer der SPD gegründet. Er starb 1933 an Verletzungen, die ihm SA-Leute zugefügt hatten. Sein Sohn Werner starb 1942 in der Landesheilanstalt Eichberg/Rheingau.

Auf dem Gehweg vor dem früheren Haus Weberstraße 23 wird ein Stein für Paul und Max Hochheimer eingelassen. Die Jüdische Familie Hochheimer wird 1941 ins Reichsjudenghetto Riga deportiert. Max Hochheimer starb 1944 im Konzentrationslager Buchenwald. Paul Hochheimer erlebt die Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen, stirbt aber einen Tag später.

Vor dem Haus Adenauerallee 32 soll ein “Stolperstein” an Martha Silberschmidt erinnern. Sie war die Witwe von Isidor Silberschmidt und wurde wahrscheinlich 1942 von der Gestapo abgeholt und später nach Theresienstadt deportiert. 1943 wurde sie dann nach Treblinka oder Maly Trostinec deportiert, wo sie ermordet wurde.