Aus der Presse


25.11.2009

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12 WEITERE STOLPERSTEINE in BOCHOLT
(von Ludwig van der Linde)

Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegte gestern zwölf weitere Stolpersteine. Es waren die letzten von insgesamt 44, die an verschiedenen Standorten an die Opfer der Naziherrschaft in Bocholt erinnern.

BOCHOLT In Bocholt war Gunter Demnig gestern bereits zum dritten Mal. Darüber freue er sich, auch wenn der Hintergrund des Projektes, das er ins Leben rief, kein Grund zur Freude sei, sagte der Kölner Künstler bei der Begrüßung im Ratssaal. Über 22000 Stolpersteine wurden zum Gedenken an die Opfer der Naziherrschaft in 515, überwiegend deutschen Kommunen in den Boden eingelassen. “Fast 95 Prozent” habe er selbst verlegt. Und auch gestern griff der 62-Jährige wieder zu Hammer und Kelle, um zwölf dieser Erinnerungssteine an vier Standorten zu verlegen. Es waren die (zumindest vorerst) letzten in Bocholt. 44 Stolpersteine gibt es nun in der Stadt.

Von Routine könne beim Verlegen der Steine keine Rede sein, betonte Demnig. Denn hinter jedem Namen, der in die Messingplatte eingraviert ist, verberge sich ein persönliches Schicksal. Auch berühre ihn immer wieder, dass viele junge Menschen Anteil an diesem Projekt nähmen. Gestern war es passend zur Abschlussveranstaltung ein Geschichtskurs des St.-Georg-Gymnasiums, denn ein früherer Jahrgang dieser Schule hatte den Anstoß für diese Aktion in Bocholt gegeben. Ein Hauptschüler, so Demnig, habe die Stolpersteine einmal so definiert: Bei einer Berührung fällt man nicht hin, man stolpert aber mit dem Kopf und dem Herzen. Und um den Text zu lesen, müsse man automatisch eine Verbeugung machen.

Bürgermeister Peter Nebelo bezeichnete die Stolpersteine als “ein weiteres Stück Erinnerungskultur, die wir in Bocholt auch mit anderen Aktionen und an anderen Stellen pflegen”. Als Beispiele nannte Nebelo das “Buch der Erinnerung” von Josef Niebur oder die Ausstellung von Schülern “Sie waren Bocholter wie wir ...” Mit diesen 44 Stolpersteinen seien nach der Neugestaltung des Synagogenplatzes am Europaplatz weitere “historische Spuren” gelegt worden.

Zu den Gästen im Ratssaal zählte gestern auch Benno Simoni von der Jüdischen Gemeinde Berlin. Er ist Großneffe der 1942 deportierten und später ermordeten Regina Seif, die damals in der Nobelstraße wohnte. Simoni sagte, dass niemand der im Saal Anwesenden sich für das Geschehene verantworten müsse, “aber Sie tragen die Verantwortung dafür, dass das Geschehene nicht vergessen wird”.

Die zwölf Stolpersteine wurden gestern an vier Standorten in Bocholt verlegt: Bahnhofstraße, Schwartzstraße, Niederbruch und Friesenstraße. In der letztgenannten wurden im Pflaster des Wendehammers die Namen der Familie Landau eingelassen. Darunter auch der von Leo. Er war drei Jahre, als er 1941 deportiert und in Riga ermordet wurde.

Reinhold Sprinz, Sprecher des Koordinierungskreises “Stolpersteine”, bezeichnete das Projekt als ein “Aufbegehren gegen das Vergessen”, als ein “deutliches Bekunden für das Nie Wieder!” Wenn die historische Forschung nicht neue Erkenntnisse liefere, sei die Aktion in Bocholt mit der Verlegung der letzten zwölf Steine abgeschlossen. Die Aufgabe des Koordinierungskreises bestünde in Zukunft nun darin, die Stolpersteine “in Erinnerung, sie präsent zu halten”.